Mythos „Löffel in der Flasche lässt Schaumwein weiter sprudeln“
Für jene Gelegenheiten, in denen es einfach zu viel Schaumwein und zu wenig Zeit gibt, haben Schaumweinfans eine Reihe von Tricks erfunden, um den Glanz ihres Lieblingsgetränks zu behalten. Der bekannteste Trick ist wohl der Löffel in der Flasche. Doch funktioniert er? Hier die Aufklärung!
Das Aufpoppen eines Korkens beim Öffnen einer Sektflasche gehört eindeutig zu den Lieblingsgeräuschen vieler. Kennt ihr das aber, wenn man einmal weniger Zeit hat, um in den Genuss einer ganzen Flasche Sekt zu kommen? Zugegeben, das kommt bei Kattus selten vor, aber sogar das Kattus Team kennt die Problematik einer halbvollen Schaumweinflasche.
Ein Trick, aus grauer Vorzeit überliefert, besteht darin, einen Teelöffel mit der Griffseite nach unten in den Hals einer Sektflasche zu stecken. Damit soll der Schaumwein mindestens einen Tag lang, trotz offener Flasche, weiter sprudeln. Aber funktioniert das?
Wissenschaftler, Hobby-Wissenschaftler und Vollblut-Schaumweinfans haben den Trick mit dem Löffel ausprobiert. Das Ergebnis: die Meinungen sind immer noch gespalten. Viele schwören auf diesen Trick, während andere ihn als ein altes Märchen abtun.
Was passiert beim Öffnen einer Sektflasche? Im Flaschenkopfraum besteht Überdruck. Öffnet man die Flasche, entweicht das CO2 allmählich. Dieser Prozess dauert länger, wenn der Schaumwein kalt ist. Der Löffel im Flaschenhals folgt nun der Annahme, dass er als ein Wärmeleiter wirkt, der die Wärme schneller aus der Flasche transportiert. Der Sekt soll, samt Löffel in den Kühlschrank gestellt, schneller abkühlen.
Bereits am 17. März 1987 berichtete die lothringische Zeitung Le Republicain Lorrain von wissenschaftlichen Untersuchungen, durchgeführt mit einem sogenannten Aphrometer, das den Kohlensäuredruck in Flüssigkeiten feststellt. Der Veranstalter dieses Tests war das Komitee für den Wein der Champagne in Epernay. Für den Versuch wurden sechs Champagnerflaschen geöffnet – zwei wurden mit einem Korken verschlossen, zwei mit einem Teelöffel versehen, zwei einfach so in den Kühlschrank offen zurückgestellt. Nach 24 Stunden wurde der Gasdruck gemessen. Ergebnis: Alle sechs Flaschen hatten Druck verloren, jedoch die verkorkten Flaschen am wenigsten. Zwischen den offenen Flaschen und denen mit Löffel konnte kein signifikanter Unterschied festgestellt werden.
1995 beschlossen auch die Forscher Geert Jan van Oldenborgh und Fernando L. J. Vos dem Löffeltrick nachzugehen – jedoch mit Cidre. Die beiden glauben aber, ihre Ergebnisse auf andere moussierende Getränke übertragen zu können. Fazit ihrer Untersuchungen – nach 24h Stunden konnte kein Unterschied zwischen einer halbvollen Flasche mit und einer ohne Löffel festgestellt werden. Auch die Redaktion der ARD-Quizsendung „Kopfball“ hat sich des Themas experimentell angenommen. Ihrer Ansicht nach kommt es auf das Löffelmaterial an. Am besten sei ein Silberlöffel, da Silber zu den besseren Leitern gehöre.
Die Liste der Untersuchungsbeispiele ist lang, bei allen aber ist zu beobachten, dass Kälte der Schlüssel zu einem sprudelnden Getränk ist. Wieso? Kohlendioxid ist in vielen Flüssigkeiten bei niedrigen Temperaturen und hohen Druck besser löslich. Daher kann sich das „Perlen“ in kühlen Getränken länger halten, denn 1. ist mehr Kohlendioxid gelöst und 2. sprudelt es langsamer aus der Flüssigkeit heraus, weil es länger in der Lösung mit dem Wasser bleiben kann.
Doch Löffel hin oder her – die naheliegendste Lösung, um die Kohlensäure in der Flasche zu halten, ist ein Champagner- oder Sektverschluss. Auch eine Sektpumpe hat schon für Freuden bei Schaumweinfans sorgen können. 😉